Anlautbilder speziell für Flüchtlinge und andere DaZ-Lerner
Erinnert ihr euch noch, dass wir euch im Frühjahr hier im Blog gefragt hatten, ob ihr ein Materialpaket mit speziellen DaZ-Materialien für Flüchtlinge braucht? Viele von euch haben uns geschrieben und es gab jede Menge tolle Ideen, was in so ein Paket gehören könnte.
Am häufigsten habt ihr euch spezielle Anlautbilder gewünscht. Deswegen haben wir diese Idee als erstes umgesetzt. Jetzt ist das entsprechende Materialpaket mit Anlautbildern für DaZ fertig. Wir hoffen, dass es euch gefällt und wir den Wunsch gut umsetzen konnten!
Das Paket und die dazugehörigen Materialien will ich euch hier schnell vorstellen. Wie auch schon bei den mit weiterführenden Informationen. Das ist ganz besonders nützlich für fachfremde DeutschlehrerInnen.
Besonderheiten bei Anlauttabellen für DaZ-Lerner
Bestimmte Bereiche im Wortschatz lernen Muttersprachler schon sehr früh, Zweitsprachler dagegen eher spät. Zum Beispiel Tiernamen, die über ein bestimmtes Basisrepertoire hinausgehen. Deswegen sind die klassischen Anlauttabellen des Grundschulunterrichts nur mäßig für DaZ-Lerner geeignet. Unser Materialpaket bietet eine Alternative, die auf die Bedürfnisse von DaZ-Lernern zugeschnitten ist. Dabei haben wir, wenn möglich, Objekte aus Wortschatzbereichen gewählt, die DaZ-Lerner und vor allem Flüchtlinge schon früh lernen. Zum Beispiel Wörter aus den Themenfeldern Essen, Kleidung und Ländernamen.
Außerdem haben wir uns bei der Auswahl der Begriffe an den knapp 1500 Wörtern des Grundwortschatzs vom Goethe-Institut orientiert. Es gibt einige Ausnahmen bei unseren Anlauten, die nicht im Grundwortschatz sind: Ärmel, China, Chor, Elefant, Öffnungszeiten, Pfanne, Spanien, Vase, Xylophon und Yoga. In diesen Fällen gab es keine gut darstellbaren Alternativen im Grundwortschatz.
Für welche Anlaute im Paket Bilder enthalten sind
Das Paket enthält mehr Bilder als die üblichen Anlauttabellen. Wir haben nämlich nicht nur für jeden Buchstaben sowie für die wichtigen Buchstabenkombinationen ein Bild ausgesucht, sondern für alle wichtigen Laute des Deutschen. Das ist für Deutsch als Zweitsprache ganz besonders wichtig, um Missverständnisse in der Aussprache zu vermeiden.
Dabei haben wir nur Laute genommen, die einen Bedeutungsunterschied erzeugen können.
Ein Beispiel: Der Unterschied zwischen langem O – [o:] – und kurzem O - [ɔ] – kann im Deutschen einen Bedeutungsunterschied erzeugen. Zum Beispiel bei Ofen versus offen, oder in Lautschrift: [ˈʔoːfn] versus [ˈʔɔfn]. Die Wörter unterscheiden sich nur in der Aussprache des O, das f und ff werden exakt gleich ausgesprochen. Ein solches Wortpaar, das sich nur in einem Laut unterscheidet, nennt man Minimalpaar. In Extremfällen können die Wörter eines Minimalpaars sogar gleich geschrieben werden. Zum Beispiel bei Hochzeit (einmal in der Bedeutung Heirat und einmal in der Bedeutung Blütezeit): [ˈhɔxʦaɪ̯t] versus [ˈhoːxʦaɪ̯t].
Solche bedeutungsunterscheidenden Laute nennt man Phoneme. Es gibt auch Aussprachevarianten, die keinen Bedeutungsunterschied erzeugen können. Bei ihnen kann es sich zum Beispiel um dialektale Aussprachevarianten handeln, um Akzente oder einfach um individuelle Unterschiede zwischen Sprechern. Zum Beispiel macht es im Deutschen keinen Bedeutungsunterschied, ob das R mit dem Zäpfchen – [ʁ] – oder mit der Zunge – [r] – gerollt wird. Solche Varianten haben wir höchstens in den Anmerkungen erwähnt. Bei den verschiedenen Anlauten, die in diesem Paket illustriert werden, handelt es sich allesamt um unterschiedliche Phoneme.
Wie die Bilder aufgebaut sind
Die Illustrationen der Wörter sind so klar und eindeutig wie möglich. Zum Teil werden auffällige Pfeile benutzt, um auf Teile eines Gegenstands zu verweisen (etwa bei Ä wie Ärmel). Bei einigen Anlautbildern sind zudem mehrere Objekte dargestellt, um Verwechslungen mit anderen Begriffen auszuschließen.
Im Worksheet Crafter sind die Bilder schon alphabetisch sortiert und nach den Lauten benannt, sodass ihr damit schnell und einfach Anlauttabellen für die individuellen Bedürfnisse eurer Schüler erstellen könnt. In den Cliparts sind die Laute vereinfacht benannt, zum Beispiel "Ch als K gesprochen wie Chor". Die linguistisch korrekte Darstellung in Lautschrift, nämlich in IPA (Internationales Phonetisches Alphabet) könnt ihr im Spickzettel nachschauen:
Spickzettel mit Zusatzinformationen und Erläuterungen
Um euch die Unterrichtsvorbereitung mit den Anlautbildern noch angenehmer zu machen, haben wir alle wichtigen Zusatzinformationen in einem Spickzettel aufgelistet. Dort könnt ihr, wie schon erwähnt, die dazugehörigen Symbole in Lautschrift nachschlagen. Außerdem sind die einzelnen Laute in Kategorien wie Vokal, Konsonant, Diphthong, Umlaut und Affrikate eingeteilt, zu denen nützliche Informationen in weiterführenden Anmerkungen stehen. Auch die Definitionen von Phonem und Minimalpaar findet ihr dort nochmal.
Ladet euch den Spickzettel einfach herunter, indem ihr auf eines der Bilder klickt:
Ein allgemeiner Tipp für Anlautbilder und Anlauttabellen im Worksheet Crafter
Falls ihr mal noch zusätzliche Anlautbilder braucht, habe ich einen Tipp für euch: Ihr könnt euch im Worksheet Crafter alle Cliparts mit einem bestimmten Anfangsbuchstaben anzeigen lassen. Geht dafür einfach im Menü unter Deutsch-Aufgaben auf das Wörterbuch. Wenn ihr dort bei Anfang einen Buchstaben eingebt, zeigt euch der Worksheet Crafter Cliparts mit diesem Anfangsbuchstaben an:
Habt ihr noch Fragen zu den Anlautbildern?
Ich weiß, dass die Anlautbilder in einigen Punkten von den typischen Anlauttabellen der Grundschule abweichen. Das liegt zum einen an den speziellen Bedürfnissen von DaZ-Schülern, aber auch daran, dass wir die Bilder nach linguistischen Kriterien erstellt haben. Das kann erst einmal ganz schön ungewohnt sein. Deswegen: Habt ihr noch Fragen zu den Bildern oder zu den Informationen im Spickzettel (zum Beispiel zur Lautschrift oder allgemein zur Phonologie)? Dann schreibt mir unten einen Kommentar! Ich helfe gerne!
Danke!
vielen Dank für die tolle Rückmeldung, das freut mich sehr! Genau das wollten wir nämlich machen: anfangen, diese Lücke zu füllen.
Liebe Grüße,
Alex
Um einen Buchstaben mit einem Laut zu verknüpfen, muss ich doch wissen welchen Anlaut das Wort hat.
Die Anlautbilder helfen doch nur, wenn man auch zu den Bildern die richtigen Wörter auf Deutsch kennt.
Wäre es nicht sinnvoll ein Bild zu haben, das in der Muttersprache den Anlaut "B" abbildet?
(Das sind nur Überlegungen von einem Student der Mathematik, der sich nicht so sehr mit DAZ auskennt. Also bitte nicht schelten, wenn ich falsch liege.)
dein Vorschlag ist auf jeden Fall ein mögliches Vorgehen. Dabei stößt man aber auf zwei Probleme.
Das erste Problem ist ein linguistisches:
Sprachen sind in ihrem Lautinventar nicht deckungsgleich. Manche Laute existieren in der einen gar Sprache nicht, andere entsprechen vielleicht gleich mehreren Lauten. Selbst wenn beide Sprachen den gleichen Laut haben, wird der Laut möglicherweise unterschiedlich gebildet. Zum Beispiel haben sowohl Spanisch als auch Deutsch ein R, aber im Spanischen wird das R mit der Zunge gebildet und im Standarddeutschen mit dem Zäpfchen.
Wenn man Anlautbilder aus der Muttersprache benutzt, bringt man den Kindern also nur eine Annäherung an die Aussprache der Zweitsprache bei. Bei Erwachsenen ist das einigermaßen akzeptabel, da Erwachsene sowie meist über die Schrift neue Sprachen lernen und normalerweise kein Muttersprachlerniveau mehr erreichen können. Kinder dagegen lernen auch Zweitsprachen noch 'natürlicher', über das Hören und Nachahmen. Sie können die Sprache noch akzentfrei und auf Muttersprachniveau lernen (je jünger sie anfangen, desto größer die Chancen). Deswegen ist es besser, mit Kinder erstmal das freie Sprechen einer neuen Sprache zu üben. Wenn die Kinder dann schon ein ausreichendes Vokabular haben, kann man sich dann an das Lernen des Schriftsystems machen. Dann werden nämlich gleich die neuen Buchstaben mit den schon gelernten Lauten in der korrekten Aussprache verknüpft. Und in der Praxis können die Kinder ja meist schon ein wenig Deutsch, wenn sie in die Grundschule kommen.
Das zweite Problem ist ein praktisches:
In der Regel spricht die Lehrperson nicht die Muttersprache des Kindes. Sie kann dann bei Anlautbildern, die sich auf die Muttersprache beziehen, keine Hilfestellung leisten. Sie kann auch nicht kontrollieren, ob das Kind das Anlautbild richtig verstanden hat (bei Bildern gibt es ja immer Interpretationsspielraum: Eine Amsel kann bspw. als Amsel, Vogel oder Tier interpretiert werden).
Ich hoffe, ich konnte deine Frage damit beantworten! Du kannst dich jederzeit melden, wenn du noch mehr Fragen zu diesem oder anderen Paketen hast!
Liebe Grüße,
Alex
PS: Wir freuen uns immer über jegliche Fragen und Anmerkungen, Schelte kommt uns da gar nicht in den Sinn. :-)